Das Internet öffnet heutzutage für Beratung und Seelsorge neue Wege. Sich auf diese Weise Hilfe und Rat zu holen nimmt zu, denn für viele Menschen mit Problemen ist dies inzwischen die einzige denkbare Möglichkeit zu kommunizieren.
Es gibt viele unterschiedliche Seelsorge-Angebote im Internet, die in ihrer Darstellung und Zielgruppenorientierung verschieden sind. Man unterscheidet zwischen E-Mail-Seelsorge (zeitversetztes „Brief"schreiben) und Chatseelsorge (Seelsorger und Ratsuchender kommunizieren zeitgleich in einem sogenannten Chatroom). Die Verschiedenheit der Angebote bietet die Chance, unterschiedliche Menschen mit ihren jeweiligen Nöten und Sorgen anzusprechen.
Inhaltlich unterscheiden sich diese Angebote zum Teil stark voneinander. So geben sich Internetseelsorger z.B. bei der ChatSeelsorge der hannoverschen Landeskirche (www.chatseelsorge.de) mit Kurzbeschreibung und Foto und beim Kummernetz (www.kummernetz.de) mit Decknamen und Beschreibung zu erkennen, während die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) das Konzept der beidseitigen Anonymität praktiziert. Hier bleiben die Mitarbeiter der Telefonseelsorge, ihren Grundsätzen des Telefondienstes entsprechend, sowie die Ratsuchenden selber, anonym.
Auf der Seite www.das-beratungsnetz.de finden sich ca. 100 unterschiedliche Beratungsstellen und bieten Termine für Chatgespräche an. Auch in der „funama-Kirche"(www.kirche.funama.de) gibt es Gelegenheit regelmäßig mit Seelsorgern zu chatten.
Die Ratsuchenden haben die Wahl zwischen „offenem Chat", in dem sie sich mit anderen „Usern" und Seelsorgern austauschen (bei www.chatSEELsorge.de) oder sich zu ausgewiesenen Terminen mit einem Seelsorger zum Zweiergespräch zu verabreden (z.B. TelefonSeelsorge im Internet), wobei sie anonym bleiben können.
Die Benutzer melden sich zu den ausgeschriebenen Terminen an. Sie geben sich dafür einen sogenannten "nickname" (engl. für "Spitzname"), ihren Internetnamen, den sie statt ihres realen Namens beim Chat- oder Mailkontakt benutzen.
Internetseelsorge ist also ein äußerst niederschwelliges Angebot, was es gerade Menschen mit stark traumatischen oder tabuisierten Problemen oder mit Kontaktschwierigkeiten erleichtert, sich Hilfe zu suchen und sich ihrem Gegenüber anzuvertrauen. Zum Telefon würden diese Menschen nicht greifen, denn die Hemmschwelle mit jemandem zu reden, oder sogar in einen persönlichen Kontakt zu treten, ist zu groß.
Einen persönlichen Kontakt will dieses Angebot nicht ersetzen, ebenso wenig wie eine Therapie oder einen Besuch in der Beratungsstelle. Für viele Hilfesuchende ist das Chatgespräch oder der Mailkontakt jedoch der erste Schritt aus der Einsamkeit herauszutreten. Zu erfahren, dass sie angenommen werden und sich ein anderer Mensch für ihre Probleme interessiert - auch und gerade in den (scheinbaren) Weiten des Internets, ist oft eine neue und wohltuende Erfahrung, auch für die Seelsorger.
Beate Woltmann
Chatkoordinatorin für die Telefonseelsorge Elbe-Weser